Warum wir aufs Atmen nicht vergessen sollten
Der Sanskrit-Begriff Pranayama setzt sich aus den Silben Prana und Ayama zusammen. Prana bedeutet so viel wie Lebensenergie und Ayama steht für kontrollieren oder ausdehnen. Es geht bei Pranayama also darum, unsere Lebensenergie zu lenken, zum Beispiel durch Atemübungen. Yogis bedienen sich hierzu verschiedener Techniken, die unterschiedlichen Nutzen erfüllen können – zum Beispiel können sie uns aktivieren, beruhigen, den Körper kühlen oder klären.
Pranayama ist im Yoga Sutra (ein ursprüngliches Werk der Yoga-Philosophie) nach Patanjali ein Bestandteil des achtgliedrigen Pfades des Yoga. Pranayama soll neben Asana (Körperübungen), Dhyana (Meditation) und weiteren Punkten zur regelmäßigen Praxis des persönlichen Yogaweges gehören. Pranayama ist der vierte Teil dieses achtgliedrigen Pfades und konzentriert sich ganz auf die Atmung. Patanjali ging davon aus, dass es mit bestimmten Atemtechniken möglich ist, die Lebensenergie wieder in Fluss zu bringen. Dadurch soll sich der Geist frei machen und zur Ruhe kommen können.
“Breath is the king of mind.”
B.K.S. Iyengar, Light on Yoga
Wir stellen 5 Atemtechniken vor
- Full Yogic Breath
- Ujjayi Atmung
- Kapalabhati
- Nadi Shodhana
- Bhramari
1. Full Yogic Breath – Purna-Atmung
Bei der vollen Yogaatmung auch Purna Atmung (Purna = Fülle) genannt werden 3 Atemräume nacheinander mit Luft gefüllt – Bauch, Flanken, Lungenspitzen (auf Höhe der Schlüsselbeine). Diese Atemtechnik ist in 4 Phasen gegliedert:
- Einatmung
- Pause
- Ausatmung
- Pause
Beginnend mit dem Bauchraum breitet sich der Atem geführt über die Flanken bis nach oben unter die Schlüsselbeine aus. Die Atemfülle wird für einen Moment gehalten, bevor die Luft nun umgekehrt, von oben nach unten, Atemraum für Atemraum, wieder entlassen wird. Am Ende der Ausatmung verweilt man für ein paar Momente in der Atemleere, bevor ein neuer Atemzug beginnt.
Durch das Üben der yogischen Vollatmung entsteht ein Bewusstsein für die eigene Atmung und das Atemvolumen. Diese Atemtechnik schult Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit und Fokus. Die yogische Vollatmung kann Ruhe, Entspannung, Ausgeglichenheit schenken und zu einer qualitativ wertvollen Atmung verhelfen.
2. Ujjayi Atmung – die siegreiche Atmung
Eine Basis-Übung im Yoga ist die Ujjayi-Atmung – sie kann als reines Pranayama geübt oder in die Asana-Praxis integriert werden.
Diese Atemtechnik wird gerne mit einem sanften Meeresrauschen verglichen – erzeugt doch hier ein bewusstes Verengen der Stimmritzen beim Ein- und Ausatmen durch die Nase einen Rauschton, der an Meeresrauschen erinnert. Dieses Verengen bewirkt, dass sich der Atem verlängert, weil weniger Luft auf einmal ein- bzw. ausströmen kann. Wird Ujjayi über ein paar Minuten hinweg geübt, stellt sich ein Gefühl von Klarheit, Ruhe und Präsenz ein. Übersetzt bedeutet Ujjayi „siegreich“, gemeint ist damit, dass wir die Kontrolle über unseren Atem gewinnen bzw. zurückerobern.
Die Ujjayi Atmung wärmt nicht nur den Körper auf, sondern energetisiert und wirkt sich beruhigend auf den Geist aus.
Ujjayi-Pranayama in die Asana-Praxis integriert, vor allem in fließenden (Vinyasa-) Stunden, ermöglicht ein bewusstes Verbinden von Atem und Bewegung und lässt so ein Gefühl von Einheit entstehen.
3. Kapalabhati – der Feueratem
Kapalabhati gehört zu den reinigenden Atemtechniken mit Fokus auf die Ausatmung. Dabei setzt sich der Begriff aus den Sanskrit-Wörtern Kapala und Bhati zusammen, die übersetzt Schädel und Licht bzw. leuchten bedeuten. Mit dieser Übung bringen Sie also Ihren Schädel zum Leuchten – im übertragenen Sinn natürlich 😉. Klarheit und Fokus kehren in Ihren Geist ein, teilweise führt die intensive Ausatmung zu einer leichten „dizziness“, die uns hilft den Geist zu entspannen. Und keine Sorge – dieses leichte Schwindelgefühl legt sich rasch wieder sobald Sauerstoff- und CO2-Gehalt im Blut wieder ausgeglichen sind.
Wie wird Kapalabhati Pranayama ausgeführt
Kapalabhati ist ein rhythmisches, stoßweises Ausatmen über die Nase, bei dem ein Pumpen im Bauchraum, des Zwerchfells die Luft nach oben und aus dem Körper befördert. Der Fokus liegt ganz auf der Ausatmung, das Einatmen passiert als automatischer Reflex auf die Atemleere. Zu Beginn ist es ratsam, einen langsamen Rhythmus zu finden, der sich gut anfühlt und den man halten kann, mit der Zeit lassen sich Geschwindigkeit und Dauer der Übung erhöhen.
Wie wirkt Kapalabhati – Effekte der Reinigungsatmung
- Aktiviert und durchblutet den Bauchbereich -> Verdauung wird angeregt (Agni, das Verdauungsfeuer, wird aktiviert)
- Unterstützt den Körper bei Entgiftungs- und Reinigungsprozessen
- Durch das intensive Ausatmen werden toxische Stoffe über die Atemluft aus dem Körper geleitet
- Die Übung wirkt aktivierend und schenkt neue Energie, weil die Sauerstoffzufuhr zum Gehirn angekurbelt wird. Kapalabhati ist der morgendliche Espresso der Yogis 😉
- Stärkt und kräftigt den Core, die tiefe Bauchmuskulatur
- Belüftet die Nebenhöhlen und durchblutet deren Schleimhaut besser – Unterstützend bei entzündeten Nebenhöhlen
4. Nadi Shodhana – die Wechselatmung
Nadis sind in der Yoga-Tradition unsere Energiebahnen durch die Prana fließt, vergleichbar den Meridianen in der TCM. Shodana bedeutet Reinigung. Es geht bei dieser Atemtechnik also darum, unsere Nadis zu reinigen, also unsere Energiebahnen von Blockaden zu befreien, nur dann kann sich die Energie frei durch unseren Körper bewegen.
Und so geht’s
Nadi Shodana, auch Wechselatmung genannt, ist eine sehr effektive Nasenatmung, bei der abwechselnd das linke und rechte Nasenloch mit Daumen bzw. Ringfinger der rechten Hand verschlossen werden, Zeige- und Mittelfinger können auf dem dritten Auge abgelegt werden. Die Übung beginnt mit der Einatmung durch das linke Nasenloch, dann werden beide Nasenlöcher für einen kurzen Moment der Atemstille verschlossen, bevor über das rechte Nasenloch ausgeatmet wird. Die nächste Einatmung erfolgt nun ebenfalls über die rechte Nasenhälfte. In der Atemfülle werden wieder beiden Nasenlöcher verschlossen, bevor über links ausgeatmet wird. Eine neue Runde beginnt mit der Einatmung über links.
Vorteile von Nadi Shodhana Pranayama
Neben der Reinigung der Nadis, hat Nadi Shodhana Pranayama eine entspannende Wirkung, sorgt für inneres Gleichgewicht, mehr Ruhe und Gelassenheit, trägt zu mehr emotionaler Balance, die unterstützt Ängste und Unsicherheiten zu überwinden.
Körperlich trägt diese Atemtechnik zu einer Harmonisierung vieler Körperfunktionen bei, beugt Erkältungen und Allergien vor und ist ein effektives Herz-Kreislauf-Training.
Eine Optimierung der Lungenkapazität, kann dadurch Erkrankungen wie Asthma positiv beeinflussen.
5. Bhramari – die Bienenatmung
Der Name ist hier Programm. Bhramari Pranayama oder auch Bienenatmung (in der Gruppe praktiziert) erinnert an das emsige und geschäftige Brummen, Summen und Surren in einem Bienenvolk.
Bei dieser Atemübung summt der Praktizierende ausatmend wie eine Biene. Durch dieses Summen entsteht in den Resonanzräumen des Körpers – vor allem in Kopf, Nacken und Brustraum – eine starke Vibration. Durch dieses Vibrieren kann das Gewebe besser durchblutet werden, so dass sich in diesen Körperregionen eine angenehme Wärme und ein leichtes Kribbeln einstellt. Vor allem aber beruhigt Bhramari den Geist und kann ihn, laut alten Yogatexten, mit Heiterkeit erfüllen.
Variante: Eine Möglichkeit Bhramari Pranayama zu üben ist es, (neben den Augen) auch die Ohren zu verschließen. Dadurch wird das Summen im inneren Ohr hörbar und unsere Aufmerksamkeit wird ganz nach innen gerichtet.
Bhramari Pranayama
- wirkt beruhigend
- erfüllt das Herz mit Heiterkeit
- verbessert Konzentrations- und Gedächtnisleistung
- hilft den Blutdruck zu regulieren
- stärkt das Selbstvertrauen
- macht weniger anfällig für Husten und Heiserkeit
- stärkt die Stimme (Kehl-Chakra)
- kann bei Kopfschmerzen und Migräne die Beschwerden lindern
Allgemeine Vorteile von bewusstem Atmen
Das regelmäßige Üben von Pranayama
- kann Energieblockaden in Körper und Geist lösen
- beruhigt des Nervensystems (vor allem durch verlängertes Ausatmen)
- beugt Stress, Schlafstörungen und hohem Blutdruck vor
- hilft uns dabei, Emotionen besser loslassen zu können
- unterstützt dabei, zu innerem Frieden und Klarheit zu finden
- versorgt Zellen besser mit Sauerstoff, dadurch können sich Organe und der Hormonhaushalt besser regenerieren
Ganz schön viele Gründe also, warum wir uns Zeit zum Atmen nehmen sollten.
Unsere Yoga-Retreats zum Aufatmen auf der Son Manera Retreat Finca
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Text: Carina Wögerbauer